Die Gesundheit des Pferdedarms und seines Mikrobioms ist entscheidend für die Regulation des Immunsystems, die Stoffwechselprozesse des gesamten Körpers und sogar die psychische Gesundheit. In der Therapie von Dysbiosen bei Pferden spielen Pro-, Prä- und Postbiotika eine zentrale Rolle. Was verbirgt sich eigentlich hinter diesen Begriffen und welche Produkte sind geeignet, die Darmflora aufzubauen? Im Folgenden werden die wichtigsten Fakten zu den drei Kategorien erläutert, ihre Wirkungsweisen beschrieben und Empfehlungen für den Einsatz bei Pferden gegeben.
1. Probiotika: Lebende Mikroorganismen
Definition: Probiotika sind lebende Mikroorganismen, in der Regel Bakterien oder Hefen, die bei ausreichender Zufuhr einen positiven Einfluss auf das Darmmikrobiom haben sollen.
Wirksamkeit bei Pferden: Im menschlichen Bereich sind Probiotika weit verbreitet, allerdings gibt es für Pferde bisher keine Probiotika, die in wissenschaftlichen Studien reproduzierbar einen positiven Effekt auf das Darmmikrobiom haben. Die meisten käuflichen Probiotika für Pferde enthalten Milchsäurebakterien wie Lactobacillen oder Hefen wie Saccharomyces cerevisiae, die zwar leicht herzustellen, jedoch nicht Teil des natürlichen Dickdarmmikrobioms von Pferden sind. Milchsäurebakterien können sogar schädlich sein, da sie zu einer Überproduktion von Milchsäure führen und Magengeschwüre sowie fermentative Azidosen begünstigen können.
Fazit: Bis heute gibt es keine kommerziell herstellbaren Probiotika, die auf den wichtigen faserverdauenden Bakterienspezies im Dickdarm von Pferden basieren. Die angebotenen Milchsäurebakterien und Hefen sind nicht geeignet und können im schlimmsten Fall sogar Schaden anrichten.
2. Präbiotika: Nahrung für nützliche Bakterien
Definition: Präbiotika sind unverdauliche Nahrungsbestandteile, meist komplexe Kohlenhydrate, die das Wachstum und die Aktivität nützlicher Darmbakterien fördern.
Wirkungsweise: Präbiotika aus dem Humanbereich wie Inulin, Fructooligosaccharide (FOS) und Galactooligosaccharide (GOS) fördern vor allem die Bakteriengattungen Bifidobacterium, Streptococcus und Lactobacillus, die im menschlichen Darm wichtig sind, aber bei Pferden nur eine untergeordnetere Rolle spielen. Sie werden hauptsächlich im Magen und Dünndarm abgebaut und erreichen den Dickdarm oft nicht. Auch hier kann es bei größeren Mengen zu einer Förderung der Milchsäureproduzenten kommen.
Natürliche Quellen: Wichtige natürliche Präbiotika sind Rohfasern aus pflanzlichen Zellwänden, die in Rinden und strukturreichen Pflanzen enthalten sind. Diese fördern faserverdauende Bakterien wie Ruminococcus und Fibrobacter, die für die Verdauung im Dickdarm des Pferdes wesentlich sind.
Fazit: Präbiotika aus natürlichen Quellen wie faserreicher Nahrung sind für Pferde am besten geeignet. Kommerzielle Präparate, die auf isolierten Präbiotika wie Inulin oder FOS basieren, sind oft unnötig und können zu einer übermäßigen Förderung von Milchsäurebakterien führen.
3. Postbiotika: Stoffwechselprodukte des Mikrobioms
Definition: Postbiotika sind die Produkte der Stoffwechselprozesse von nützlichen Bakterien. Dazu gehören unter anderem die B-Vitamine und kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat. Postbiotika für Pferde werden häufig in Form von Fermenten angeboten. Während fermentierte Kräuter nützlich sein können solange die häufig enthaltenen Milchsäurebakterien nicht mehr lebensfähig sind, ist fermentiertes Getreide ungeeignet. Postbiotische Verbindungen wie Butyrat können auch in konzentrierter Form gezielt gefüttert werden. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass diese auch am Zielort, im Darm ankommen.
Wirkungsweise: Butyrat, das wichtigste Postbiotikum, wird im Dickdarm durch die Fermentation von Rohfasern durch Bakterien produziert. Es dient als Energiequelle für die Darmepithelzellen und spielt eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Darmbarriere. Butyrat wirkt entzündungshemmend und fördert die Ansiedlung weiterer butyratproduzierender Mikroorganismen. Daher behandelt es nicht nur die reinen Symptome.
Fazit: Die direkte Zufütterung von Butyrat kann sinnvoll sein, wenn durch eine Dysbiose ein Mangel vorliegt. Wichtig ist dabei, dass es in verkapselter Form verabreicht wird, damit es erst im Darm freigesetzt wird und nicht bereits im Magen Schaden anrichtet.
Zusammenfassung
Probiotika: Für Pferde gibt es aktuell keine geeigneten Probiotika. Produkte auf Basis von Milchsäurebakterien oder Hefen sind nicht sinnvoll und können sogar schädlich sein.
Präbiotika: Präbiotika aus vielfältigen, rohfaserreichen Pflanzen sind für Pferde essenziell, während kommerzielle Produkte auf Basis von FOS und GOS nur begrenzte Vorteile bieten.
Postbiotika: Butyrat ist ein wertvolles Postbiotikum, das die Darmgesundheit fördert und bei Mängeln gezielt zugeführt werden kann.
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Quellen:
Medina, B., Girard, I. D., Jacotot, E., & Julliand, V. (2002). Effect of a preparation of Saccharomyces cerevisiae on microbial profiles and fermentation patterns in the large intestine of horses fed a high fiber or a high starch diet. Journal of Animal Science, 80(10), 2600.
Cooke, J. E., Gibb, Z., Grupen, C. G., & Harnett, C. G. (2023). Prebiotics and Synbiotics in Equine Health and Disease. International Journal of Equine Science, 2(2).
Garber, A., Hastie, P., & Murray, J. A. (2020). The effect of supplementing pony diets with yeast on the faecal microbiome. Animal, 14(12), 2493–2502.
Über mich:
Ich bin Michelle und lebe mit meinen beiden Pferden Fjörnir und Vindur in der schönen Bielefelder Senne und habe das Glück mit Equiflora meine beiden großen Leidenschaften Pferde und die (Mikro)biologie verbinden zu können. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und beschäftige mich als Biotechnologin und Molekularbiologin seit über sieben Jahren als Wissenschaftlerin in der industriellen Forschung mit dem Mikrobiom von Tieren und Menschen. Meine Begeisterung für Pferde und Mikroorganismen hat mich zur Pferdeernährung geführt.
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