Die Ernährung unserer Pferde ist ein zentrales Thema, bei dem viele Pferdehalter glauben, dass synthetische Mineralfutter unverzichtbar sind. Doch nicht jeder Nährstoff, den wir unseren Pferden geben, erfüllt seine natürliche Rolle im Organismus. In diesem Artikel wollen wir die Unterschiede zwischen synthetischen und natürlichen Futtermitteln beleuchten und die Vorteile der natürlichen Pferdefütterung aufzeigen.
Das erwartet Dich in diesem Artikel:
Zelluläre vs. azelluläre Nährstoffe
Künstliche vs. natürliche Moleküle
Der Trend zur Supplementierung als Gefahr für das Mikrobiom
Bedarfswerte zu unterschreiten, bedeutet nicht automatisch, dass ein Mangel vorliegt
Der mikrobiomfreundlicher Ansatz der Mineralisierung
1. Zelluläre vs. azelluläre Nährstoffe
In der natürlichen pflanzlichen Nahrung von Pferden sind Nährstoffe wie Proteine, Fette, Mineralien und Vitamine "zellulär", das bedeutet innerhalb von Pflanzenzellen eingebettet. Im Gegensatz dazu stehen synthetische oder prozessierte Nährstoffe, die ohne eine solche Zellhülle, also "azellulär", vorliegen. Dies mag auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen, hat jedoch tiefgreifende Auswirkungen auf die Stabilität und Verfügbarkeit der Nährstoffe für das Pferd und sein Mikrobiom.
Pflanzliche Zellwände sind die primäre Nahrungsquelle für fibrinolytische Bakterien, die im Blind- und Dickdarm der Pferde vorkommen. Diese Bakterien produzieren wiederum den wichtigen Nährstoff Butyrat. Butyrat oder auch Buttersäure dient als wichtigste Energiequelle für die Darmzellen, fördert die Integrität der Darmschleimhaut, wirkt entzündungshemmend und immunmodulierend.
Das bedeutet, wenn wir bei den Zusatzfuttern für Pferde den Hauptfokus auf azellulären Nährstoffen aus synthetischen Mineralfuttern legen, vernachlässigen wir ihr Mikrobiom.
Auch wenn unser Pferd rein rechnerisch dann optimal versorgt ist, kommt es oft zu einem Mangel an Nährstoffen für das Darmmikrobiom. Wenn tiefer ins Detail der Problematik von Rationsberechnungen gehen möchtest, kannst Du hier nachlesen.
2. Künstliche vs. natürliche Moleküle
Auch wenn ein und das selbe Molekül sowohl synthetisch hergestellt, als auch mit natürlichen Quellen gefüttert werden kann, bedeutet dies nicht, dass beide Formen gleichwertig sind. Ein gutes Beispiel hierfür ist Vitamin C (Ascorbinsäure). Obwohl es chemisch identisch ist, ob es nun synthetisch hergestellt oder natürlich vorkommt , ist die Art und Weise, wie es im Körper wirkt, unterschiedlich. Das liegt daran, dass in der natürlichen Quelle, wie einer Pflanzenzelle, neben dem Vitamin C Molekül Tausende anderer Verbindungen vorhanden sind, die synergistisch interagieren und nur so die positive Wirkung entfalten, die vom isolierten Vitamin C Molekül allein nicht erreicht werden kann.
Sowohl bei synthetisch hergestellten als auch aus natürlichen Quellen isoliertem Vitamin C ist die molekulare Struktur ist die selbe, jedoch sind beide Darreichungsformen sind nicht natürlich, denn das Vitamin liegt nicht mehr in seiner ursprünglichen Einbettung vor.
3. Der Trend zur Supplementierung als Gefahr für das Mikrobiom
Die Tendenz, die Ernährung von Pferden durch Supplementierung zu "mikromanagen", kann kontraproduktiv sein. Durch den übermäßigen Einsatz von Ergänzungsmitteln wie Aminosäuren, Mineralmischungen oder Fetten, riskieren wir, das natürliche Gleichgewicht des Darmmikrobioms zu stören.
Viele Pferdehalter sind der Meinung, dass synthetische Mineralfutter unerlässlich sind, um ihre Tiere gesund zu halten. Dabei übersehen sie jedoch oft die potenziellen Risiken. Zum Beispiel:
Ein Übermaß an Mineralstoffen kann das Darmmikrobiom schädigen. Erhöhte Zinkgaben reduzieren nachweislich die Artenvielfalt und Butyratproduktion des Pferdedarmmikrobioms.
Einige Mineralfutter enthalten Eisen, das in zu großen Mengen Magengeschwüre fördern kann.
Antioxidative Vitamine in Mineralfuttern können Insulinresistenzen begünstigen. Warum kannst Du in diesem Artikel nachlesen:
4. Bedarfswerte zu unterschreiten, bedeutet nicht automatisch, dass ein Mangel vorliegt
Eine häufige Sorge bei einer rein natürlichen Fütterung ist es, den Bedarf des Pferdes nicht decken zu können. Dabei wird davon ausgegangen, dass automatisch ein Mangel vorliegt, wenn ein Bedarfswert unterschritten wird.
Das ist falsch, denn ein tatsächlicher Mangel ist nur durch biochemische bzw. klinische Parameter festzustellen und wird nicht automatisch verursacht, weil ein rechnerischer Referenziert wie der Bedarfs unterschritten wird. Das Auftreten eines symptomatischen Mangels liegt in einer mehr oder weniger großen Spanne in der Nährstoffaufnahmemenge und fängt nicht bei jedem Organismus gleich unterhalb eines rechnerischen Referenzwertes an.
Oft sind ermittelte Bedarfswerte für Mineralien beispielsweise Durchschnittswerte von Pferden, die keine Mangelsymptome hatten. Das heißt nicht, dass nicht ein Pferd mit geringerer Aufnahme nicht auch ausreichend versorgt sein kann.
5. Der mikrobiomfreundlicher Ansatz der Mineralisierung
Anstelle ein komplett künstlich mineralisiertes und mit Vitaminen versetztes Futter zu geben, ist es für Stoffwechsel und Darmmikrobiom besser:
Zu schauen, was dem Körper wirklich im Raufutter fehlen könnte.
Zu prüfen, ob ein erhöhter Bedarf oder Mangelsymptome vorliegen.
Die fehlenden Stoffe (und das sind nicht nur Vitamine und Mineralstoffe, sondern z.B. auch sekundäre Pflanzenstoffe) möglichst natürlich zuzuführen und wenn, zielgerichtet und minimalistisch synthetisch mit der am besten bioverfügbaren Quelle zu supplementieren .
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Über mich:
Ich bin Michelle und lebe mit meinen beiden Pferden Fjörnir und Vindur in der schönen Bielefelder Senne und habe das Glück mit Equiflora meine beiden großen Leidenschaften Pferde und die (Mikro)biologie verbinden zu können. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und beschäftige mich als Biotechnologin und Molekularbiologin seit über sieben Jahren als Wissenschaftlerin in der industriellen Forschung mit dem Mikrobiom von Tieren und Menschen. Meine Begeisterung für Pferde und Mikroorganismen hat mich zur Pferdeernährung geführt.
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