Kommerziell verfügbare Probiotika für Pferde enthalten häufig Milchsäurebakterien (größtenteils der Gattung Lactobacillus und Bifidobakterium). Das gilt auch für eine Vielzahl von Effektiven Mikroorganismen (EMs) und Fermenten, die es auf dem Markt gibt. Auch wenn Lactobacillen und Bifidobakterien anerkannte Probiotika im Humanbereich sind, eignen sie sich nicht für die Behandlung von Dysbiosen bei Pferden.
Was sind Milchsäurebakterien und wie passen sie in den Pferdedarm?
🧫 Milchsäurebakterien machen genau das, wonach sie benannt worden sind: Milchsäure (Laktat) produzieren und zwar größtenteils aus einfacheren Kohlenhydraten.
🌿 Die raufaserhaltige Nahrung unserer Pferde, reich an komplexen Kohlenhydraten im Blick, wird schnell klar, dass Milchsäurebakterien für den bakteriellen Abbau dieser Nahrung im Dick- und Blinddarm des Pferdes keine große Rolle spielen und nicht maßgeblich zu einem gesunden Mikrobiom beitragen.
❗️Im schlimmsten Falle kann die künstliche Zufuhr von Milchsäurebakterien sogar schaden anrichten: Milchsäurebakterien produzieren nicht nur Säuren, sie sind auch sehr säuretolerant: in zu hoher Anzahl im Magen und Dünndarm können sie fermentative Azidosen auslösen und die Entstehung von säurebedingte Magengeschwüren fördern. Das hängt stark von der verabreichten Art von Bakterien und auch der Verfügbarkeit von der entsprechenden säurebildenden Nahrung ab,.
🐴 Die Ausnahme von der Regel: ein Pferd, das zu großen Teilen mit leicht verdaulichen Kohlenhydraten (z.B. in Form von Getreide) ernährt wird, kann von einer Verabreichung von Milchsäurebakterien profitieren und leistungsfähiger werden. Die Gefahren einer solchen Fütterung (Magengeschwüre, Übersäuerung usw.) sind natürlich trotzdem vorhanden. Auch Fohlen, die noch Muttermilch trinken und Dünndarmverdauer sind, können von Milchsäurebakterien profitieren.
Das Fazit
Auch wenn Milchsäurebakterien oft und gerne von Laboren, die Darmfloranalysen (ob diese geeignet sind, das Darmmikrobiom zu beurteilen, kannst Du hier nachlesen) anbieten, zur Therapie von Dysbiosen empfohlen werden, ist von ihrem Einsatz bei Pferden abzuraten. Sie lösen nicht das zugrunde liegende Problem und das Risiko, Probleme wie Magengeschwüre zu verschlimmern, ist ein hoher Einsatz.
Ein gesundes Darmmikrobiom vor allem durch seine immense Artenvielfalt, seine Diversität geprägt. Es ist somit unwahrscheinlich, dass gesundheitliche Probleme, die ihre Ursache im Darmmikrobiom finden, durch die Verabreichung eines einzelnen Bakterienstammes oder mehrerer Stämme einer Gruppe, wie es bei kommerziell erhältlichen Probiotika der Fall ist, erfolgreich behandelt werden kann. Zu diesem Schluss kommen auch Schoster A. et al. (2014) (1), die sich die wissenschaftliche Grundlage zu Probiotika im Pferdebereich angeschaut haben.
Bei Pferden, die unter Dysbiosen leiden, sollte der Fokus also viel mehr auf der Wiederherstellung der natürlichen Vielfalt durch eine Veränderung des Lebensstils und einer angepassten mikrobiomfreundlichen Ernährung liegen. Natürliche kostenlose Probiotika finden sich zum Beispiel auf der frischen pflanzlichen Nahrung unserer Pferde - mehr dazu hier:
Wenn Du genauer nachlesen möchtest, warum so viele Pferde heutzutage unter Dysbiosen leiden und warum die klassischen Ansätze selten erfolgreich sind, schau einmal in diesem Artikel vorbei:
Kostenlose Alternativen zu sinnlosen Probiotika
Nur weil es keine empfehlenswerten käuflichen Probiotika für Pferde gibt, heißt das nicht, dass wir unser Pferd nicht mit nützlichen und sinnvollen Mikroorganismen füttern können. Das Stichwort hierfür lautet Mikrobiomtransfer – eine effektive und kostenlose Methode, um die Diversität des Darmmikrobioms mit natürlichen Mikroorganismen zu fördern.
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Quellen:
(1) A. Schoster, J. S. Weese, and L. Guardabassi, “Probiotic use in horses - what is the evidence for their clinical efficacy?,” J. Vet. Intern. Med., vol. 28, no. 6, pp. 1640–1652, Sep. 2014.
Über mich:
Ich bin Michelle und lebe mit meinen beiden Pferden Fjörnir und Vindur in der schönen Bielefelder Senne und habe das Glück mit Equiflora meine beiden großen Leidenschaften Pferde und die (Mikro)biologie verbinden zu können. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und beschäftige mich als Biotechnologin und Molekularbiologin seit bald sieben Jahren als Wissenschaftlerin in der industriellen Forschung mit dem Mikrobiom von Tieren und Menschen. Meine Begeisterung für Pferde und Mikroorganismen hat mich zur Pferdeernährung geführt.
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