Insulinresistenz beim Pferd ist ein weitreichendes Problem, welches schwerwiegende Folgeerkrankungen wie Hufrehe nach sich ziehen kann. Leider wird die Erkrankung oft auf eine einzige Ursache zurückgeführt: Eine zu zuckerreiche Nahrung in Kombination mit zu wenig Bewegung.
Doch ist nur die Spitze des Eisbergs. Andere, ebenfalls essentielle Faktoren wie obesogene Substanzen, Pflanzenstoffmangel und das Mikrobiom werden kaum beachtet und führen dazu, dass viele Pferde trotz strikter Diät nicht gesund werden. Auf drei solcher Faktoren gehen wir in diesem Artikel genauer ein.
Insulinresistenz (IR) umfassend betrachten
Während ein zu hoher Gehalt von einfachen Zuckern natürlich problematisch sein kann, führt die alleinige Fokussierung darauf dazu dass:
ebenso wichtige, andere Faktoren nicht beachtet werden und Pferde trotz Zuckerreduktion nicht insulinsensitiver werden.
Maßnahmen zur Reduktion der Zuckeraufnahme beispielsweise durch die Vermeidung frischer Pflanzen oder die starke Rationierung des Raufutters dafür sorgen, dass die anderen Faktoren wie chronischer Stress, Dysbiosen und Mangel an sekundärer Pflanzenstoffe verstärkt werden.
Eine umfassende Beachtung aller insulinsensitivierender und IR-auslösender Faktoren ist bei der Heilung einer IR der Schlüsseln zum Erfolg.
Der Einfluss obesogener Stoffe
Obesogene Stoffe (Englisch obesity = Übergewicht) sind chemische Substanzen, die direkt oder indirekt die Fettansammlung erhöhen und IR verursachen können.
Nachweislich obesogene Stoffe sind im Leben vieler Pferde zu Hauf zu finden. Beispielsweise in:
Industriellen Futtermitteln:
Hormonaktive Verbindungen: Genistein aus Soja
Emulgatoren: Lecithin, Carboxymethylcellulose
Fructose: Melasse, Maissirup
Antioxidantien und Vitaminergänzungen: Vitamin C, E, A, B9, Natrium Benzoat, Natrium Sulfit,
Pestizidrückstände
Fress- und Trinkgefäße:
Plastikadditive wie Bisphenol A (BPA) und Phthalate
Bestimmte Medikamente wie Glukokortikoide (Cortison)
Vor der Geburt im frühen Leben kann die Exposition gegenüber solchen Stoffen zu einer lebenslangen Anfälligkeit führen.
Der Einfluss von sekundären Pflanzenstoffen
In der modernen Ernährung fehlt es oft an sekundären Pflanzenstoffen, die in ursprünglichen Nahrung von Pferden reichlich vorhanden waren.
Diese Stoffe spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Zuckerstoffwechsels. Das Fehlen insulinsensibilisierender sekundärer Pflanzenstoffe trägt zur Entwicklung von Insulinresistenz bei.
Einige Eigenschaften von sekundären Pflanzenstoffen, die zur Insulinsensitivierung beitragen:
Senkung der Insulinausschüttung
Entzündungshemmung
Förderung der Zuckeraufnahme in die Zellen
Reduktion der Glucoseaufnahme vom Darm in den Körper.
Appetitregulation
Wird ein Pferd wegen einer IR mit einer Reduktionsdiät von Heu+Stroh+Mineralfutter ernährt, verschärft sich der Mangel an sekundären Pflanzenstoffen weiter.
Ein sekundärer Pflanzenstoff, der bereits intensiv auf seine insulinsensitiverende und blutzuckerregulierende Wirkung untersucht wurde, ist Berberin, dessen wissenschaftliche Grundlage in diesem Artikel ausführlicher behandelt wird:
Der Einfluss des Darmmikrobioms
Das Darmmikrobiom beeinflusst die Insulinsensitivität auf verschiedenste Weise und auch beim Pferd wurden bereits Unterschiede im Mikrobiom von EMS- und gesunden Pferden gefunden:
Darmwanddurchlässigkeit: Wenn die Darmbarriere durch Dysbiosen durchlässiger wird, können schädliche Stoffe in den Blutkreislauf gelangen und Entzündungen verursachen, die die Insulinwirkung stören und zur Insulinresistenz beitragen.
Kurzkettige Fettsäuren: Von Darmbakterien hergestellte Fettsäuren wie Butyrat haben entzündungshemmende Eigenschaften und können die Darmbarriere verbessern und nachweislich die Insulinempfindlichkeit erhöhen.
Sättigung und Nahrungswahl: Das Darmmikrobiom beeinflusst die Nahrungswahl und das Sättigungsgefühl und kann die Aufnahme von einfachen Zuckern verändern.
Kalorienextraktion und -verbrauch: Die Darmbakterien beeinflusst die Effizienz der Extraktion von Kalorien aus der Nahrung, aber auch ihren Verbrauch.
Wird bei vermeintlichem oder tatsächlich vorhandenen Übergewicht der allgemeinen Empfehlung von reduziertem, teilweise gewaschenen Heu + Mineralfutter gefolgt, verschlimmert dies die Dysbiosen und damit auch die Prädisposition für IR. Den Pferden fehlt die notwendige Vielfalt an frischen Pflanzen, die insulinsensibilisierende Pflanzenstoffe enthält und ein produktives Darmmikrobiom fördert, welches chronischen Entzündungen entgegen wirkt.
Fazit
Die Insulinresistenz beim Pferd ist ein komplexes Gesundheitsproblem, das weit über die oft genannten Ursachen wie zuckerreiche Nahrung und unzureichende Bewegung hinausgeht. Die umfassende Betrachtung aller Einflussfaktoren, einschließlich obesogener Substanzen, Mangel an sekundären Pflanzenstoffen und Störungen im Mikrobiom, ist entscheidend für eine effektive Prävention und Behandlung.
Eine isolierte Reduktion des Zuckergehalts in der Ernährung reicht nicht aus, um die Insulinsensitivität zu verbessern, wenn andere wesentliche Aspekte außer Acht gelassen werden. Ein ganzheitlicher Ansatz, der auch die Vielfalt der Futterbestandteile und die gesundheitlichen Auswirkungen von Umweltfaktoren berücksichtigt, ist notwendig, um die Gesundheit der Pferde nachhaltig zu fördern und Insulinresistenz wirksam zu behandeln.
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Über mich:
Ich bin Michelle und lebe mit meinen beiden Pferden Fjörnir und Vindur in der schönen Bielefelder Senne und habe das Glück mit Equiflora meine beiden großen Leidenschaften Pferde und die (Mikro)biologie verbinden zu können. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und beschäftige mich als Biotechnologin und Molekularbiologin seit über sieben Jahren als Wissenschaftlerin in der industriellen Forschung mit dem Mikrobiom von Tieren und Menschen. Meine Begeisterung für Pferde und Mikroorganismen hat mich zur Pferdeernährung geführt.
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